Content-Marketing ist in aller Munde, egal ob Blogger oder Online-Marketer, sogar auf Fachmessen liest man überall nur noch Content. Fast jeder Webseitenbetreiber – egal ob Webshop oder Webseite – „macht jetzt in Content“. Warum? Weil Content-Marketing das Buzzword der letzten Monate ist. Wer sich ein wenig durch die Blogosspähre (auch SEOsspähre) wühlt findet unzählige Artikel, in denen behauptet wird, Content-Marketing ist das „neue SEO“. Hat Content-Marketing wirklich die klassische Suchmaschinenoptimierung abgelöst? Sollten Webseiten- und Online-Shopbetreiber auf den Content-Zug aufspringen und das klassische SEO vernachlässigen?
Content-Marketing sollte Teil einer soliden Marketing Strategie sein. Ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass Content-Marketing Teil einer SEO Strategie sein muss. Content-Marketing ist nämlich „eine Marketing-Technik, die mit informierenden, beratenden und unterhaltenden Inhalten die Zielgruppe ansprechen soll, um sie vom eigenen Unternehmen […] zu überzeugen und die als Kunde zu gewinnen oder zu halten“ (Quelle Wikipedia).
Als SEO weiß man Inhalte, die diesem Wikipedia Zitat entsprechen, zu schätzen. Sie sprechen den User an und sorgen für eine hohe durchschnittliche Sitzungsdauer, für eine niedrige „Return-To-SERP“-Rate und – wenn das Snippet optimiert wurde – auch für eine hohe Click-Through-Rate. Das alles sind Signale, die das Ranking positiv beeinflussen. Wir SEO´s lieben Content-Marketing.
Und natürlich sind solche Inhalte auch für Shopbetreiber wichtig. Guter Content verbindet Kunden mit Produkten und sorgt für positive Branding-Effekte. Und vergessen wir die Social Shares nicht. Social Shares sind, wenn man einigen Möchtegern-SEO´s glauben darf, die neuen Backlinks. Überragender Content sorgt für Shares, Interaktion, Branding und Sales. Also ist Content doch King oder? Ganz so einfach ist es nicht!
Content-Marketing ersetzt keine Backlinks
Kommen wir mal zu den leidigen Backlinks. Kaufen darf man sie nicht, dann kriegt man von Google einen drauf. Tauschen darf man sie auch nicht, auch dann kriegt man von Google einen drauf. Trotzdem sind Backlinks weiterhin ein extrem wichtiger Rankingfaktor. Links schlagen im Verhältnis fast jeden anderen Rankingfaktor. Das ist Stand der Dinge und daran wird sich so schnell – auch wenn viele Stimmen Gegenteiliges behaupten – nichts ändern.
Content-Marketing sorgt zwar für Social Shares aber nur in seltenen Fällen für Backlinks. Etwas das ich selbst schon seit Jahren jeden Tag sehe wurde auch im letzten Whiteboard Friday von Rand Fishkin bestätigt. Über Social Media werden kaum Backlinks generiert.
Rand spricht in seinem Video über den „Weg“, wie (vermeintlich) Backlinks durch Content-Marketing akquiriert werden.
- Großartiger Content wird publiziert
- Der Content wird über Social Media verbreitet
- Die Besucherzahlen schnellen in die Höhe
- Das führt zu natürlichen Backlinks und zu mehr Followern
- Das Resultat sind bessere Rankings und ein mehr Publikum über Social Media
So lernen wir es jeden Tag in unzähligen Blogbeiträgen und Fachartikeln im Netz.
In einer Studie wurde jedoch festgestellt, dass die Anzahl von Social Shares auf einer Webseite keineswegs ein Indikator für die Anzahl der Backlinks darstellen. Rand geht soweit zu sagen: Es besteht KEINE Korrelation zwischen Social Shares und Backlinks. Schaut euch das Video an! Es ist schön, dass das Thema endlich mal klar angesprochen wird.
Wer jetzt sagt: „Ja aber ich kenne Beispiele, bei denen genau das funktioniert hat!“. Ja die gibt es und mit Sicherheit gibt es auch branchenseitig große Unterschiede ob es funktioniert oder nicht. Wenn man allerdings über den Tellerrand hinausschaut und alle Branchen zusammen nimmt ist die Anzahl der Positivbeispiele so gering, dass als absolut nicht signifikant angesehen werden kann.
Content-Marketing ersetzt kein Onpage-SEO
Alles Content-Marketing nützt wenig, wenn eine Webseite im Onpage Bereich mit kritischen Fehlern zu kämpfen hat. Crawlability ist ein Stichwort, dass man in diesem Zusammenhang inzwischen oft hört. Ich würde das alles allerdings unter Onpage-SEO oder unter dem Begriff „technisches SEO“ führen, denn Pagespeed zählt genauso darunter wie Struktur. Fehlt nämlich die technische Grundlage hilft überragender Content auch nicht mehr.
- Kann bzw. darf Google die Seite überhaupt crawlen?
- Wird der Crawlvorgang aktiv gesteuert?
- Wie sind die Einstellungen der Robots.txt gesetzt?
- Herrscht eine logische URL Struktur?
- Ändern sich URL´s regelmäßig (siehe Onlineshops und Produkte die nicht mehr auf Lager sind)
- Wie wird mit Weiterleitungen (301 Redirects) umgegangen
- Wie schnell / langsam lädt die Seite (Thema Pagespeed)
- Gibt es massenweise 404-Errors?
Die Liste lässt sich praktisch unendlich fortführen. Content-Marketing mag das I-Tüpfelchen einer ausgewogenen Online-Marketing Strategie sein, aber es ersetzt niemals eine fachkundige Onpage-Analyse. Webmaster müssen sich gut überlegen, ob sie einen Großteil ihres Budgets in Content investieren oder lieber zuerst die „Basics“ abdecken.
Fazit: Content-Marketing kann SEO nicht ersetzen
Content-Marketing ist ein sinnvoller Teil einer ganzheitlichen Marketing Strategie und sogar ein sehr wichtiger Teil. In hart umkämpften Bereichen mag überragender Content das Tröpfchen sein, dass das Fass zum überlaufen bringt und dein Keyword auf Platz 1 boostet. Und ja, Content-Marketing wirkt sich hervorragend auf das Branding aus und führt nicht selten zu Inhalten, die Viral gehen und für viel Aufmerksamkeit sorgen.
Ist Content-Marketing gleich Suchmaschinenoptimierung? Nein! Content-Marketing ist ein kleiner Teil der Suchmaschinenoptimierung. Content-Marketing sollte also auf keinen Fall mit SEO verwechselt werden. Es lohnt sich in beide Disziplinen zu investieren und mit einem ganzheitlichen Konzept Marketing zu betreiben.
Ralf says
Hi Michael,
nachvollziehbar argumentiert, auch wenn ich anderer Meinung bin: SEO (zumindest onpage) ist Teil des Content-Marketings 🙂 Aber das führt zur gleichen Quintessenz: beides ist wichtig.
Tschö
Ralf
(kleiner Hinweis: „Content-Marketing wirkt sich hervorragend auf das Branding aus und führt sich selten zu Inhalten die Viral gehen und für viel Aufmerksamkeit sorgen.“ -> „sich“ soll sicherlich “ nicht“ heißen und ein Komma könnte der Satz auch vertragen 🙂
Michael Boenigk says
Hi Ralf,
danke für dein Feedback. Satz ist angepasst 🙂
Grüße
Micha
Gretus says
Hi,
da ja gerade wieder ein heiß diskutiertes Thema, hier einfach mal eine These:
Content Marketing ist nur dann sinnvoll/richtlinienkonform, wenn es medienübergreifend gemacht wird.
Frage ich einen Blogger, ob er/sie etwas im Internet über ein Produkt/eine Webseite schreiben würde, ist es schon grenzwertig. Bezahle ich für einen Radiospot der womöglich auch noch Links generiert, ist es okay.
Der Bereich Content Marketing ist immer noch so schwammig (siehe z.B. den Artikel unter , dass eine Überlegung in Richtung weitere Unterteilung (wieder) in Linkbait und backlinkorientierter Werbung womöglich einen Sinn macht…
Grüße
Gretus
Michael Boenigk says
Hi Gretus,
ja das stimmt. Das was man gemeinhin unter „Content-Marketing“ zusammenfasst ist einfach riesig. Eine Unterteilung wäre sicher sinnvoll. Aber Fakt ist: Content allein reicht m.E. eben nicht aus. Ein solide SEO Basis ist und bleibt wichtig. Ob es nun „nur“ Onpage SEO oder auch Offpage SEO ist.
Grüße
Micha
Gretus says
Hallo,
tja, da scheiden sich die Geister. Ist dann Internet am Ende nur ein „Vorbeigerausche“ an eher unwichtigen Informationen oder sich stetig erweiterndes „Archiv“ an so allerhand auch Wichtigem. Ich sehe das Internet nach wie vor eher als Archiv…
Grüße
Gretus
Pati says
Interessantes Thema und gut auf den Punkt gebracht 😉
Grüße
Pati
Michael Boenigk says
Hi Pati,
danke für die Blumen 🙂